Ein Projekt zur friedlichen Emanzipation von Politik
Do-it-yourself Demokratie

Unsere Demokratie ist ein Rahmen

Lesezeit 4-5 Minuten, Nachdenkzeit länger

Was ist eigentlich Demokratie und wie können wir uns diese erhalten? Die Auseinandersetzung mit dieser Frage ist inzwischen dringend notwendig, weil eine Mehrheit (53,3 %) der Meinung ist, Demokratie funktioniert für sie nicht gut (Quelle).

Die Idee der Demokratie ist, entgegen der verbreiteten Sichtweise, nicht die eines „milden“ Herrschaftssystems, indem man alle paar Jahre „schlechte“ Regierungen abwählen kann. Demokratie ist der Gegenentwurf zum „beherrscht“ werden, es ist ein Rahmen, der die Bevölkerung vor Willkür schützen und deren Freiheit sichern soll. Mit dem Begriff Freiheit ist in einer Gemeinschaft von 83 Mill. Menschen naturgemäß nicht eine grenzenlose gemeint. In jeder großen Gemeinschaft bestehen sehr viele unterschiedliche Lebenssituationen parallel nebeneinander, die verschiedenste Bedürfnisse hervorbringen. Dies erfordert auch in Demokratien ein Verfahren, über das die allgemeingültigen Regeln im größtmöglichen Konsens miteinander ausgehandelt werden können.

Einleitend zusammengefasst: Demokratie ist ein Rahmen, der die Freiheit der Bevölkerung sichert und sie vor Willkür schützt. Ausgestattet mit einem Verfahren, das in der Lage ist, unterschiedliche Interessen in der Gesellschaft, im friedlichen Konsens auszuhandeln.

Nicht der Rahmen ist das Problem sondern das Verfahren

Demokratie als Gesellschaftsmodel infrage zu stellen, bedeutet sich für Willkür und Unfreiheit zu entscheiden. Ich gehe davon aus, dass dies nicht im Sinne der meisten Leser hier ist. Wenn eine Mehrheit inzwischen damit unzufrieden ist, wie Demokratie funktioniert, meinen diese sehr wahrscheinlich nicht Freiheit. Die Unzufriedenheit richtet sich gegen das Verfahren, wie in unserer Gesellschaft Interessen miteinander ausgeglichen werden. Es fehlt mir an Fantasie mir vorzustellen, dass meine Mitbürger nach Unterdrückung verlangen.

Das Verfahren ist das, was wir im Allgemeinen als Politik bezeichnen. Ein Prozess, in dem die breite Bevölkerung weitgehend außen vor ist. Daran ändert das Argument nichts, dass jeder in die Politik gehen oder sich anderweitig engagieren könne. Für die absolute Mehrheit bleibt, alle paar Jahre zu einer Wahl zu gehen, sich für irgendeine Partei zu entscheiden, die als unser Interessensöldner uns Vorteile gegen alle anderen verschaffen soll. Dies ist weit weg von einem sinnvollen Verfahren zum Interessenausgleich.

Der Zweck von Demokratie wird von einem beständigen „politischer Tinnitus“ übertönt, der sich mit Parteien und Personen beschäftigt. Hinzu kommen diverse gesellschaftliche Bewegungen, die versuchen „politisches Handeln“ in die jeweils gewünschte Richtung zu lenken. Es entsteht der Eindruck, dass der Vorteil von Demokratie darin bestünde, die Freiheit zu haben, für sich das Beste herauszuholen. Ein folgenschwerer Irrtum.

Wie müsste ein demokratisches Verfahren gestaltet sein, das zu Entscheidungen mit dem geringsten Widerstand über alle Beteiligten kommt und die gesellschaftliche Empathie für die Bedürfnisse „der anderen“ fördert?

Hierzu stelle ich folgende Annahmen zur Diskussion:

  • Ideologie liefert keine Lösungen und ideologische Hooligans gefährden die demokratische Idee.
  • Alle Themen der Bevölkerung müssen ernsthaft gehört werden, sofern diese sich im ethischen Rahmen des Grundgesetzes bewegen.
  • Trag- und konsensfähige Lösungen können nur auf Grundlage von Wissen und Expertise entstehen. Scheinlösungen, die auf ideologische Meinungen aufbauen, spalten Gesellschaften.
  • Interessenausgleich bedeutet: Nicht alles dreht sich nur um mich.
  • Menschenrechte und ein soziales Miteinander sind nicht nur Floskeln im Grundgesetz.
  • Jeder soll sein Leben so gestalten können, wie er es für sich als richtig empfindet, solange dies nicht im Konflikt mit den Rechten anderer steht.
  • Es benötigt ein Umdenken zum derzeitigen Mehrheitssystem, dass schwachen Mehrheiten erlaubt starke Minderheiten von Lösungen abzuschneiden.
  • Es benötigt Verlässlichkeit und Transparenz im Prozess der Entscheidungsfindung einer Demokratie.

Wenn uns diese Annahmen als richtig erscheinen im Prozess unserer Entscheidungsfindung, dann ist es ernüchternd festzustellen, dass diese sich aufgrund von Parteiinteressen, bedingt durch den Wettbewerb zwischen diesen, nicht erfüllen werden. Ich werde auf die Realität der „politischen Prozesse“ in unserer Demokratie, hier nicht in der gebotenen Tiefe eingehen können, es würde den Rahmen der Webseite sprengen. Wer an den Hintergründen interessiert ist, den verweise ich auf das Buch zum Projekt, in dem ich mich ausführlich damit auseinandersetze.

Sollen gesellschaftliche Entscheidung nicht weiter willkürlich von Partei- und Karriereinteressen einzelner abhängen, benötigt es eine Lösung. Alles so weiter laufen lassen wie bisher, wird uns auf lange Sicht die Demokratie kosten. Dies wird dann eintreten, sobald der Frust über welches ungelöste Problem auch immer so angewachsen ist, dass irgendein populistischer oder extremistischer „Heilverkünder“ der Mehrheit als die Lösung erscheint. Beispiele lassen sich um uns herum ausreichend finden.

Wir können aber auch die Lösung sein

Wir leben (noch) in einer der freiesten Gesellschaft auf dieser Erde, im 21. Jahrhundert und haben alle Mittel das Problem zu lösen. Niemand hält uns davon ab im Internet den Ort zu schaffen, ein Bürgerforum, indem die Themen der Bürger und Bürgerinnen gehört werden. In dem mit Wissen und Expertise Lösungsmöglichkeiten unter Berücksichtigung der Interessen erarbeitet werden. Wir haben in unserer Gesellschaft mehr als genug Wissenschaftler, Expertinnen und Fachleute, die dies leisten können und schon geleistet haben. Viele Lösungen sind schon vorhanden und müssen nur noch zusammengetragen und gegenüber gestellt werden.

Nichts hält uns davon ab über ein Konsensverfahren wie z. B. der systemischen Konsensierung unter den von neuen Regeln Betroffenen, die Lösung mit dem geringsten Widerstand über alle zu ermitteln. Wir können die Vorteile des Internets (nahezu unbegrenzte Kommunikationsmöglichkeiten) mit der analogen Welt verbinden und so auch die mitnehmen, die sich dem Web noch nicht so geöffnet haben. Nebenbei angemerkt erscheint mir persönliche Kommunikation, von Angesicht zu Angesicht, nicht ersetzbar durch die digitale Welt.

Wir haben sogar die Freiheit eine Partei zu gründen, die sich grundlegend von allen anderen unterscheidet. Eine Partei in der nur die Mitgliedschaft denen angeboten wird, die eine positive Haltung zu Demokratie, unserer Gesellschaft und ein erfülltes Berufsleben haben. Kurzum kein Interesse an einer politischen Karriere haben. Diese Partei wäre der politische Arm, über den wir im Forum gewählte Kandidaten zu Wahlen aufstellen und uns selbst in die Parlamente wählen. Menschen, die, die Lösungen der Bürger und Bürgerinnen aus dem Forum dort vertreten und sich für ein gut bezahltes soziales Jahr (das 4-5 Jahre andauert), für eine freie und lösungsorientierte Gesellschaft auf Grundlage von Konsens statt Ideologie einsetzen.

Das könnten wir alles auf den Weg bringen, ohne jemand um Erlaubnis bitten zu müssen. Es kann Realität werden, wenn sich ein kleiner Teil von uns aus der Komfortzone begibt. Mehr kann uns Demokratie als Rahmen für Freiheit nicht bieten, die Möglichkeiten nutzen müssen wir dann schon selber. Wir werden sehen, ob es uns gelingt diesen unseligen Kreislauf
„Keiner macht es, danach beschwert sich jeder das es keiner gemacht hat“ zu durchbrechen.

Trailer zum Buch
Chancenungleicheit, Veränderung der Arbeitswelt, Klimawandel, Pflege. Wie kommen wir zu fairen Entscheidungen?

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